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IV.5. Wohnen ist ein Grundrecht – Wohnungen zuerst!

Die unwürdige Unterbringung von Geflüchteten, Wohnungslosen und Saison- sowie Wanderarbei-ter:innen in Massenunterkünften muss beendet werden. Jeder Mensch hat das Recht auf eine eigene Wohnung. Wir wollen den Ansatz „Housing First“ in der Bekämpfung von Obdachlosigkeit verankern und in NRW zum Normalfall machen: Obdachlose sollen schnell und in einem ersten Schritt in Wohnungen untergebracht werden. Dafür müssen niedrigschwellige Beratungsangebote und -strukturen weiter insti-tutionalisiert werden.

IV.5.1. Spekulation verhindern, Zweckentfremdung beenden

In vielen Städten in NRW stehen Bürogebäude und Wohnungen leer. Selbst in den wachsenden Städten wie Köln, Bonn, Düsseldorf, Münster und Aachen gibt es Leerstand. Wohnungen, die zum Beispiel wegen Spekulation leer stehen, müssen Wohnungssuchenden zur Verfügung gestellt werden. Bei gewerblichen Leerständen muss geprüft werden, ob sie sich für einen Umbau zu Wohnraum eignen. Dafür muss in allen Städten und Gemeinden unmittelbar der Bestand an leerstehenden Wohnungen, Bürogebäuden und anderen Gewerbeimmobilien festgestellt werden.

Das am 1. Juli 2021 in Kraft getretene „Wohnraum-Stärkungsgesetz“ hat keine einheitlichen und flächendeckenden Regelungen zur Bekämpfung von Wohnraumvernichtung in NRW geschaffen. Es delegiert die Aufgabe weiterhin an die Städte und Gemeinden. Dabei erlaubt es jedoch noch nicht einmal allen Kommunen, Wohnraum-Zweckentfremdungssatzungen zu erlassen. Das dürfen weiterhin nur Städte und Gemeinden, in denen die Versorgung mit Wohnraum bereits besonders gefährdet ist. DIE LINKE will allen nordrhein-westfälischen Kommunen erlauben, Wohnungsnot bereits zu bekämpfen, bevor sie entsteht – und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Viele Regelungen in dem aktuellen Gesetz greifen zu kurz. Wir sagen: Alle NRW-Kommunen müssen dazu befähigt werden, leerstehende Wohnungen, Büros oder Gewerbeimmobilien in günstigen Wohnraum umzuwandeln. Aktuell müssen sich jedoch sogar Städte, die eine entsprechende Zweckentfremdungssatzung erlassen haben, nicht zwingend mit Anträgen auf Wohnraum-Zweckentfremdung befassen. Das Gesetz besagt: Wenn überlastete Stadtverwaltungen drei Monate lang nichts tun, gelten Anträge auf Abriss, Leerstand oder gewerbliche Umnutzung automatisch als genehmigt. Wir wollen die Städte und Gemeinden hier einerseits stärker in die Pflicht nehmen, ihnen aber gleichzeitig durch eine deutlich bessere Kommunalfinanzierung auch die Möglichkeiten an die Hand geben, wirksam gegen Wohnraumvernichtung vorzugehen.

Was tun?

  • Ein Wohnraum-Zweckentfremdungsgesetz beschließen mit einheitlichen Regeln zur flächendeckenden Bekämpfung von spekulativem Leerstand, Wohnraumvernichtung und Profitmaximierung durch Ferienwohnungen

 

  • Allen Kommunen ermöglichen, gegen Wohnraum-Zweckentfremdung vorzugehen

 

  • Landesmittel für Städte und Gemeinden bereitstellen, mit denen sie Personal zur Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots und zur Wohnungsaufsicht einstellen können

 

  • Erstellung von kommunalen Leerstandskatastern fördern und koordinieren

 

  • Leerstand beschlagnahmen, um Vermietung möglich zu machen

 

  • Besetzung von Gebäuden, die zur Spekulation leer stehen, legalisieren

 

  • Gesetzliche Mindeststandards für Unterkünfte von Werkarbeitenden deutlich verbessern

 

  • Mindeststandards auch für die Unterbringung von Wohnungslosen und Geflüchteten verbindlich machen

IV.5.2. Miethaie zu Fischstäbchen: Große Wohnungskonzerne entmachten

Wohnungskonzerne wie Vonovia, Deutsche Wohnen, Grand City Properties, TAG Immobilien, Vivawest und die ehemals landeseigene LEG besitzen in NRW zusammen fast 400.000 Wohnungen – mit steigender Tendenz. Nicht selten waren diese vorher im Besitz von Land, Bund, Kommune, Post oder Bahn. Durch die Privatisierung der LEG trägt das Land NRW eine gehörige Mitschuld an der Vernachlässigung von Wohnungsbeständen, an Mietpreistreiberei und Luxusmodernisierungen.

Und die Konzentration auf dem Wohnungsmarkt setzt sich fort. Der Vorstoß von Vonovia, die Deutsche Wohnen zu schlucken, scheint im dritten Anlauf gelungen zu sein. Der größte Mietpreistreiber der Republik hat sich den Konzern einverleibt, der durch den erfolgreichen Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ in Berlin zu Recht unter besonderem Druck steht.

Die großen Wohnungskonzerne haben sich auch gerade während der Coronakrise durch strategische Mieterhöhungen eine goldene Nase verdient. Im Krisenjahr 2020 hat der in Bochum ansässige Vonovia-Konzern seinen operativen Gewinn auf 1,35 Milliarden Euro gesteigert. 956 Millionen Euro davon wurden als Dividende aus den Taschen der Mieter:innen umverteilt. Der Konzern könnte sich problemlos deutliche Mietsenkungen und notwendige Instandsetzungen sowie energetische Verbesserungen leisten, ohne die Kosten mit hohen Gewinnen auf die Mieter:innen umzulegen. Stattdessen zahlen alle, die in einer Vonovia-Wohnung leben, jeden Monat im Schnitt 190 Euro der Miete an die Aktionär:innen. Auch die privatisierte LEG hat im Krisenjahr 2020 mehr verdient als im Vorjahr und die Dividende erhöht.

Diese Umverteilung in die Taschen von Aktionär:innen ist keine ungewollte Nebenwirkung, sondern erklärtes Geschäftsmodell solcher Unternehmen. DIE LINKE tritt an, um dem Einhalt zu gebieten. Statt den Krisengewinnlern auf dem Wohnungsmarkt zu erlauben die Mieten weiter in die Höhe zu treiben, müssen Krisengewinne sozial umverteilt und die Mieten gedeckelt werden.

Die Geschäftspolitik von Vonovia hat in den NRW-Ballungsräumen die gleichen negativen Folgen, wie es die Machenschaften der Deutsche Wohnen in Berlin haben. Das Kernproblem liegt in der gigantischen Größe der Konzerne, der hohen Abschöpfung der Einkommen von Mieter:innen für Gewinn-Ausschüttungen und in der rücksichtslosen Rendite-Optimierung aller Teilbereiche. Deswegen fordert DIE LINKE nicht nur einen bundesweiten Mietendeckel, sondern auch, dass die Wohnungsbestände der riesigen Wohnungskonzerne ins Eigentum gemeinnütziger öffentlicher Träger überführt werden. Die Privatisierung öffentlichen Wohnraums muss gestoppt und rückgängig gemacht werden. Wir wollen den Spieß umdrehen und die Frage nach einer Vergesellschaftung von Wohnraum auch in Nordrhein-Westfalen zum Top-Thema machen.

DIE LINKE will verhindern, dass große Wohnungskonzerne Nebenkosten und Modernisierungskosten künstlich in die Höhe treiben, indem sie eigene Tochterunternehmen beauftragen. Mit Dienstleistungen, die sie an Tochterunternehmen auslagern, sollen die Konzerne keine Gewinne erwirtschaften dürfen. Treten bei einem Unternehmen gehäuft falsche Nebenkostenabrechnungen auf, müssen Strafen verhängt werden.

Was tun?

  • Eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines bundesweiten Mietendeckels anregen

 

  • Bereits privatisierte Bestände in öffentliches Eigentum rücküberführen und die Bestände großer Wohnungsunternehmen vergesellschaften

 

  • Kungelei mit der Immobilienwirtschaft beenden: Die Politik des Landes NRW muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, und nicht an den Interessen der Immobilienlobby.

 

  • Mit Dienstleistungen, welche als Betriebskosten abgerechnet und die von Tochterunternehmen geleistet werden, dürfen keine Gewinne erwirtschaftet werden.

 

  • Häufige Fehler bei Nebenkostenabrechnungen müssen mit Strafen versehen werden.

IV.5.3. An der Seite der Mietenden

In vielen Städten in NRW wehren sich Menschen gegen steigende Mieten, Luxussanierung und Verdrängung. DIE LINKE steht an ihrer Seite und beteiligt sich an Aktionen. Vielerorts mehren sich die Proteste gegen eine skrupellose Wohnungspolitik. DIE LINKE unterstützt die Selbstorganisation von Mieter:innen und Initiativen für eine gerechte Wohnungs- und Mietenpolitik.

Bewohner:innen müssen bei der Planung von Stadtentwicklungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die ihr Quartier oder ihre Siedlung betreffen, beteiligt werden. DIE LINKE setzt sich außerdem dafür ein, dass die Kündigungssperrfrist bei Wohnungsumwandlung in Eigentumswohnungen flächendeckend in ganz NRW auf zehn Jahre angehoben wird, und drängt darauf, dass die Landesregierung ihre im BGB benannte Ermächtigung zu einer solchen Bestimmung durch Rechtsverordnung nutzt.

Was tun?

  • Mieter:inneninitiativen und Bündnisse wie die Bewegung „Recht auf Stadt“ unterstützen

 

  • Vereine zum Schutz der Mietenden durch das Land NRW fördern

 

  • Bundesratsinitiative zur Stärkung der Mieter:innenrechte ergreifen

 

  • Neue Möglichkeiten der Mitbestimmung und Planungsbeteiligung schaffen

 

  • Wohnungsunternehmen demokratisieren, die Mietenden besser beteiligen

 

  • Die Kündigungssperrfrist flächendeckend auf zehn Jahre ausweiten

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