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X.2. Für ein solidarisches Europa der Millionen

Wir benötigen eine Union, die sich auch angesichts ihrer internationalen Verantwortung zu ihren Grundwerten der Humanität, Solidarität, Freiheit und Wahrung der Menschenrechte bekennt.

Für diese Zukunft setzen wir uns zusammen mit sozialen Bewegungen, mit Gewerkschaften, mit der Europäischen Linken und anderen Parteien ein. Der Einsatz für das Klima, für Demokratie und gegen Rassismus überall zeigen: Gemeinsam können wir Europa verändern.

Die unter der Hegemonie der Nationalstaaten entwickelten Regeln erweisen sich immer wieder als ungeeignet und rückwärtsgewandt, um auf die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen in der EU zu reagieren. In der Banken- und anschließenden Wirtschaftskrise ab 2008 haben die Mitglied­staaten entgegen der Verträge sogenannten „Krisenstaaten“ Kredite zur Verfügung gestellt, um Banken und Konzerne zu retten, und dabei eine Spur der sozialen und demokratischen Verwüstung in Europa hinterlassen. Die Austeritätspolitik wurde nicht nur mit allen Mitteln in Griechenland durchgesetzt, sondern die wettbewerbsorientierte „Reformpolitik“ wurde für alle Mitgliedstaaten verschärft. Die Kosten der Krise wurden den Armen und Mittelschichten aufgebürdet, während eine kleine Minderheit immer reicher wird.

Die angebliche Migrationskrise ab 2015 verdeutlichte, dass die Probleme der verfehlten Migrationspolitik nicht auf die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der Union abgeschoben werden können, wie es die deutschen Bundesregierungen seit Jahrzehnten im Dublin-System durchgesetzt haben. Doch anstatt das Abschiebe-System dauerhaft zu überwinden und ein solidarisch finanziertes Aufnahmesystem zu errichten, versuchen die Herrschenden von ganz rechts bis zur angeblichen bürgerlichen Mitte, die Migrant:innen und die Migration zu bekämpfen und die effektive Ausübung des Rechts auf Asyl in der EU zu verhindern, indem an den Grenzen, im Meer und im Luftraum aufgerüstet wird und die Repressions- und Einsperrungssysteme noch weiter in die Peripherie vor der EU ausgelagert werden.

X.2.1. EU und die Coronapandemie

Mit der Covid-19-Pandemie wurden nicht nur die Strukturprobleme der Gesundheitspolitik in der EU und den Mitgliedstaaten offengelegt, auch die Folgen der Austeritätspolitik und die beschränkte Handlungsfähigkeit von Staaten wurden offensichtlich: Die in vielen Staaten durch Kürzungen und Privatisierungen kaputt sanierten Gesundheitssysteme waren überfordert. Der Aufbau von EU-Strukturen zur Pandemiebekämpfung, zur gesundheitspolitischen Koordination sowie im zivilen Katastrophenschutz war jahrelang verschlafen worden. Die EU(-Kommission) versagte im Ad-hoc-Krisenmanagement wie auch bei Beschaffung, Zulassung und Bereitstellung von Impfstoffen.

X.2.2. Die Rolle der EU in der Welt: Migrationsbekämpfung, Freihandel, Militarisierung

Die aktuelle Asyl- und Migrationspolitik der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist zynisch und inhuman und muss daher grundlegend reformiert werden. DIE LINKE lehnt die abgeschlossenen „Flüchtlingsabwehr-Deals“ wie mit der Türkei, Libyen und anderen Drittstaaten ab. Wir fordern, dass die Rechte von Geflüchteten, besonders das Recht auf faire Asylverfahren, vollumfänglich gewährleistet werden. DIE LINKE lehnt die Aufrüstung von Frontex zu einer Flüchtlingsabwehr-Agentur mit eigenen operativen Befugnissen und Kapazitäten ab und fordert ihre Ersetzung durch ein ziviles europäisches Seenotrettungsprogramm und legale Einreisemöglichkeiten in die EU. Das Dublin-System wollen wir durch ein solidarisches Verteilungssystem ersetzen, bei dem Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen, zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten.

X.2.3. NRW zu einem sicheren Hafen machen

Wir wollen soziale Gerechtigkeit – weltweit! Wir wollen die Krise nicht nur für Deutschland oder Europa überwinden, sondern global. Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind. Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen und nicht Geflüchtete.

Unsere Außenpolitik muss Demokratie, Menschenrechte und Frieden fördern sowie die Zivilgesellschaft unterstützen, statt nur Wirtschaftsinteressen zu dienen und Deals mit Diktatoren zu machen. Sie muss sozial und ökologisch werden. Wir kämpfen gemeinsam mit Partnerparteien, den Gewerkschaften und sozialen Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, Frieden, Klimaschutz, Demokratie und gegen Rassismus. Starke soziale und zivilgesellschaftliche Bewegungen geben uns dabei Hoffnung, gemeinsam für eine bessere Zukunft zu streiten.

DIE LINKE NRW setzt sich dafür ein, der Forderung der nunmehr 126 Gemeinden und Städte, die sich der Initiative „Seebrücke“ angeschlossen haben, auch Folge zu leisten. Für NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland der Bundesrepublik Deutschland bedeutet das, ein starkes Zeichen an die Bundesregierung zu senden, dass es sich zu einer freiwilligen Aufnahme von Menschen in Not verpflichtet!

NRW muss ein sicherer Hafen werden! Denn eine repressive Flüchtlingspolitik ist mit der LINKEN auf keinen Fall zu machen. Deshalb werden wir uns zum Beispiel an einer Politik, die weiter auf die sogenannte Schuldenbremse setzt oder Geflüchtete abschiebt, keinesfalls beteiligen.

X.2.4. Gegen die Durchsetzung von Interessen mit militärischen Mitteln

Wir wollen eine EU, die sich für ein System der internationalen Zusammenarbeit auf Augenhöhe einsetzt. Wir wollen eine EU, deren Außenpolitik von friedlicher Kooperation geprägt ist und nicht von der gewalttätigen Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen und Aufrüstung.

Die Verträge von Maastricht und Lissabon haben den Neoliberalismus in die Grundlagen der Union eingeschrieben. Wir wollen neue Verträge, um die EU sozialer, gerechter und ökologischer zu machen. Wir lehnen Initiativen wie PESCO, den EU-Verteidigungsfonds und eine EU-Armee ab, da sie explizit auf zusätzliche Aufrüstung zielen. Wir lehnen die Einführung von Mehrheitsentscheidungen in der GASP ab und fordern eine friedliche Neuausrichtung der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Dazu gehört ein Verbot von EU-Waffenexporten.

DIE LINKE ist für eine außenpolitische Autonomie der EU im Sinne der Emanzipation von den USA. Die EU darf sich nicht in eine für die ganze Welt gefährliche neue Blockkonfrontation zwischen den USA und China oder Russland hineinziehen lassen. Die ständigen Aufrüstungsszenarien im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union sehen wir als Bedrohung für unsere friedenspolitische Ausrichtung und fordern die sofortige Auflösung derartiger Strukturen. Nur als „soziales Europa“ hat die Union eine gemeinsame Zukunft.

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